Richtigstellung zum Fokus Artikel „Warnung vor Billiganbietern – Mit neuen Bauvorschriften wird das Tiny House jetzt schnell zur Kostenfalle“
Nach der Veröffentlichung des Artikels „Warnung vor Billiganbietern – Mit neuen Bauvorschriften wird das Tiny House jetzt schnell zur Kostenfalle“ auf Focus-Online am 24.02.2023, wurden wir als IndiViva von verschiedenen Seiten darauf angesprochen und möchten daher die Inhalte des Artikels einordnen und korrigieren.
Die im Fokus-Artikel genannten Fakten sind zunächst einmal korrekt. Die Autorin und die genannten „Experten“ Peter Pedersen (Rolling Tiny Homes) sowie Christian Brecht (Livee) legen das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Bezug auf Tiny Houses allerdings unvollständig aus! Dies schürt Unsicherheiten bei Kunden und Herstellern, was nicht gerechtfertigt ist, wie unsere folgenden Ausführungen zeigen.
In der ehemaligen Energieeinsparverordnung (EnEV), der darauf folgenden GEG 2021 und nun in der GEG 2023 gibt es, und gab es schon immer, 2 Möglichkeiten ein Gebäude der Gebäudeklasse 1 mit weniger als 50 m² Nutzfläche wärmeschutzkonform zu errichten:
- Vereinfachter Nachweis:
Bauteilnachweise für alle Außenbauteile (Wand, Boden Dach, Fenster, Türen, etc.), wobei die Bauteile die vorgegebenen Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten in der Anlage 7 GEG einhalten oder unterschreiten müssen - Vollständige GEG-Nachweise und -Berechnungen:
- Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarf
- Berechnung des Transmissionswärmeverlust
- Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes
- Nutzung erneuerbarer Energien
- Luftdichtheitsprüfung
- Energieausweis
Bis zum 31.12.2022 galt für die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarf der Effizienzhaus 75 Standard (EH 75). Zu dessen Erreichung durfte das Gebäude maximal 75 Prozent des Energieverbrauchs eines Referenzgebäudes haben. Hier ergab sich für Tiny House Hersteller die Möglichkeit, durch den gezielten Einsatz erneuerbarer Energien die Werte der Außenbauteile (welche die Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten überschritten) so zu verbessern, dass Tiny Houses die GEG-Vorgaben einhielten.
Die zwei maßgeblichen Änderungen in des GEG 2023 sind, dass als Referenzgebäude jetzt der EH 55 Standard gilt und dass Gebäude mit über 50 m² Nutzfläche nun ebenfalls bereits mit einem vereinfachten Bauteilnachweis das GEG erfüllen können.
Was bedeutet dies nun für Tiny Houses bis 50 m² Nutzfläche?
- Für Tiny Houses, die ihre GEG-Konformität mit einem vereinfachten Nachweis belegen, gelten weiterhin die Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten in der Anlage 7 des GEG, welche der EnEV 2016 entsprechen.
- Beim vollständigen GEG-Nachweis gilt nun der EH55 Standard. Ein „Schönrechnen“ von Tiny House, insbesondere von Tiny House on Wheels bis 3,5t, ist somit kaum noch möglich.
Für Gebäude über 50 m² Nutzfläche gelten im vereinfachten Nachweis die Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten in der Anlage 5 des GEG, welche dem EH55 Standard entsprechen.
Fazit:
Wie bisher auch, kann die GEG-Konformität von Tiny Houses bis 50m2 Nutzfläche mit einem Bauteilnachweise von deinem Tiny House Hersteller bescheinigt werden; daran hat sich nichts geändert.
Wenn dein Hersteller allerdings schon in der Vergangenheit die Außenbauteile seiner Tiny Houses für die GEG-Konformität “Schönrechnen“ musste, dann kann er dies jetzt kaum noch schaffen.
IndiViva berät dich gerne zu deinen Fragen zu diesem Thema und natürlich der GEG-konformen Planung und –umsetzung deines Tiny Houses. Hier entlang!
Bei den meisten unserer bisher für Baugrundstücke geplanten Tiny Houses (i.d.R. Modulhäuser) haben wir als IndiViva mit dem vereinfachten Bauteilnachweis geplant und nur selten, wo es sinnvoll oder notwendig war, auf den vollständigen GEG-Nachweis abgestellt.
Unter diesem Link findest du noch eine 2. Richtigstellung von IndiViva-Mitarbeiter Dietmar Schneider zu einem weiteren Presseartikel mit Falschaussagen von Peter Pedersen (Bundesverband Mikrohaus e.V.).