Für viele Tiny House Interessenten ist besonders die Suche nach einem geeigneten Grundstück mit der Möglichkeit, dort einen Dauerwohnsitz zu haben, das Nadelöhr zur Verwirklichung ihres Wohntraums auf kleiner Fläche.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Besonders in Ballungsgebieten ist Bauland grundsätzlich rar gesät und teuer. Dort wird entsprechend effizient, mehrgeschossig und mit einer größeren Wohndichte gebaut. Es gilt, dass sich die Gebäude in die vorhandene bauliche Umgebung einfügen oder, wenn vorhanden, an die Vorgaben eines Bebauungsplanes halten müssen. Regelmäßig kommt es daher vor, dass die kleinteilige, eingeschossige Bauweise von Tiny Houses diese Einfüge-Kriterien in vorhandenen baulichen Strukturen nicht erfüllt.

Nicht zuletzt kommt eine menschliche Komponente hinzu: Die Skepsis bei Gemeinden, Grundstückseigentümern und Nachbarn gegenüber einer neuen Wohnform, die oft noch mit dem Klischee eines Bauwagenplatzes in Verbindung gebracht wird.

IndiViva will hier aufklären und setzt unter anderem mit dem Angebot der Gemeinde-Sprechstunde an, bei der Gemeindevertreter sich mit ihren Fragen zum für sie neuen Phänomen Tiny House an uns wenden können. Das Angebot wird gut angenommen. Wir merken, wie sich bei den Gemeinden langsam ein Gespür für den steigenden Bedarf an kleinen Wohnformen entwickelt. Regelmäßige Anfragen nach Grundstücken für Tiny Houses bei den Gemeinden tragen dazu bei. In dörflichen Gebieten sieht man in den neuen Wohnformen auch eine Chance, neue Einwohner anzuziehen.

Wenn Tiny House Baugebiete neu entwickelt werden und ein Bebauungsplan dafür erstellt werden muss, ist das ein Planungs- und Verwaltungsakt, der entsprechend Zeit braucht. Inzwischen tragen diese Bemühungen aber an verschiedenen Orten in Deutschland Früchte, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Bebauungsplan “Tiny Houses” von Emskirchen-Pirkach im bayerischen Mittelfranken. Entwickelt von einem privaten Investor.

 

In Emskirchen im bayerischen Mittelfranken hat die Gemeinde für den kleinen Ortsteil Pirkach einen Bebauungsplan “Tiny Houses” aufgestellt.

Entwickelt wurde das Projekt von einem privaten Investor. Die Gemeinde unterstützt das Projekt, mit dem Ziel, den Ort zu beleben und auf den steigenden Bedarf an kleineren Wohneinheiten zu reagieren. Das Quartier entwickelt sich um vorhandene Gebäudestrukturen, wie alte Scheunenbauten. So können diese erhalten und sinnvoll genutzt werden. Gleichzeitig integriert sich das Tiny House Quartier schlüssig in den Ortskern und nutzt effizient ein Grundstück, welches bereits an das Straßennetz angeschlossen ist.

Damit die Tiny Houses in das Ortsbild passen, müssen diese mit Satteldächern gebaut werden. Der Bebauungsplan geht mit einigen weiteren Festsetzungen zu Größe der Häuser  und Ausnutzung der Fläche angemessen auf die Anforderungen eines Tiny House Dorfes ein. Es wird sichergestellt, dass nicht zu viele Häuser zu eng beieinander stehen. Gleichzeitig sind die Baufelder so großzügig gehalten, dass die Nutzer die Lage und Ausrichtung ihrer Häuser sehr individuell selbst gestalten können. Durch eine Beschränkung der Wohnfläche auf 55m² pro Haus und gleichzeitiger Zulässigkeit einer zweigeschossigen Bebauung, soll bei geringem Verbrauch an Grundfläche dennoch die Möglichkeit für ausreichend Wohnfläche entsprechend der Nutzerbedürfnisse sichergestellt werden.

Um Zustimmung für das Projekt in der Gemeinde zu erlangen, wurden die Bürger zu Informationsveranstaltungen eingeladen, bei denen Fragen und Bedenken der Anwohner beantwortet werden konnten. Der Gemeinderat machte sich selbst ein Bild von dem bestehenden Tiny House Village in Mehlmeisel und nutzte die Möglichkeit, mit den dortigen Gemeindevertretern über deren Erfahrungen mit dem Tiny House Dorf zu sprechen. Diese offene Kommunikation führte zu einer breiten Zustimmung im Gemeinderat.

Bebauungsplan des Tiny House Village Mehlmeisel in Oberfranken. 

 

Bei dem eben erwähnten Tiny House Village Mehlmeisel, vielen wird es als das erste Tiny House Dorf Deutschlands bekannt sein, gab es im vergangenen Jahr auch einige Neuerungen. Neben der Gründung einer GmbH als neuer Eigner des Tiny House Villages, wurde auch ein Bebauungsplan für das Dorf erstellt. Damit sollte das Projekt auch in Zukunft baurechtlich auf sicheren Füßen stehen. Durch die Planung ist nun klargestellt, dass die Bewohner des Dorfes auf dem ehemaligen Campingplatz ihren Erstwohnsitz eintragen können. Ähnlich wie in Emskirchen regelt der Bebauungsplan auch hier das ausgewogene Verhältnis des Flächenverbrauchs durch Vorgaben zu Anzahl und Größe der Häuser. Da das Gelände im Außenbereich liegt, wird besonderer Wert auf den Schutz des Landschaftsbildes gelegt und die Höhe der Häuser auf 4,5m beschränkt. In Mehlmeisel zogen die Eigentümer und die Gemeinde gemeinsam an einem Strang, um dieses zukunftweisende Wohnkonzept zu etablieren.

Das Ecovillage Altmark in Salzwedel- Andorf befindet sich gerade mitten im Entwicklungsprozess, um aus einer grünen Wiese projektiertes Bauland zu machen. Auch hier werden alle Beteiligten aktiv in die Planung eingebunden. So fanden bereits zu Projektbeginn konstruktive Gespräche mit Anwohnern und dem Bauamt statt. Markus Sauter, Initiator des Ecovillage, ist überzeugt, dass Projekte dieser Art nur Erfolg haben können, wenn  die Planung von Anfang an transparent auf allen Ebenen kommuniziert wird und auch die kritischen Stimmen ernst genommen werden . Dieses Vorgehen schafft die Basis für eine zukünftige breite Akzeptanz des Projekts in der Gemeinde. Das Ecovillage soll nicht nur gemeinschaftlichen, nachhaltigen und bezahlbaren Wohnraum für einzelne schaffen, sondern auch mit öffentlich zugänglichen Flächen, einem Dorfladen und kulturellen Veranstaltungen der Allgemeinheit zugänglich sein und einen Mehrwert bieten. Wer selbst Lust auf diese Form des gemeinschaftlichen Wohnens hat, kann sich bereits jetzt der EcoVillage Planungsgruppe anschließen und damit sein zukünftiges Wohnumfeld direkt mitgestalten.

Bildhafte Darstellung vom Projekt Ecovillage Altmark in Salzwedel-Andorf vom Initiator Markus Sauter

Es gibt auch Fälle, in denen Gemeinden selbst aktiv geworden sind und sich trauen, neue Wege zu beschreiten, um Restflächen sinnvoll zu nutzen und Platz für den begehrten kleinen Wohnraum zu schaffen. An unserem Unternehmenssitz in Schorndorf stehen inzwischen die ersten Tiny Houses auf einer Grünfläche im Wohngebiet, die für die Bebauung mit üblichen Wohnhäusern nicht geeignet ist. Die Gemeinde selbst nennt das Projekt, in dem die Stellflächen begrenzt für vorerst 10 Jahr verpachtet werden, ein “Wohnexperiment”. (Eine kleine Presseschau zu dem Projekt findest du hier). Das Projekt hat bereits Schule gemacht. Die Gemeinde Nürtingen, ebenfalls in Baden-Württemberg gelegen, hat das Konzept übernommen und vergangenes Jahr Tiny House Stellplätze auf Restgrundstücken zur Pacht ausgeschrieben.

Von einigen weiteren Gemeinden, so zum Beispiel Biberach in Baden-Württemberg, ist bekannt, dass gezielt Grundstückseigentümer im Stadtgebiet angeschrieben wurden, bei denen die Gemeinden Potential für die Vermietung der Flächen an Tiny House Besitzer sehen. Denn häufig wollen Grundstückseigentümer weder verkaufen, noch in absehbarer Zeit selbst bauen. Durch die Vermietung der Grundstücke an Tiny House Bewohner kann sehr kurzfristig Wohnraum geschaffen werden, mit relativ wenig Aufwand und schonendem Eingriff in die Grünflächen. Die Grundstückseigentümer profitieren von den Mieteinnahmen und den Mietern, die die ansonsten oft brachliegende Fläche pflegen. Gleichzeitig bleiben dem Eigentümer langfristig alle Optionen zur eigenen Bebauung oder Verkauf des Grundstücks erhalten.

Für diese Mietsituation, in der ein Tiny House – Eigentümer sein Häuschen auf ein gemietetes Grundstück stellt, hat IndiViva einen Mietvertrag entwickelt. Die regelmäßigen Anfragen dazu, sowohl durch Tiny House Bauherren als auch durch Grundstückseigentümer als Vermieter, zeigen uns, dass dieses Konzept an Bekanntheit gewinnt und auch mit entsprechenden Angeboten auf den Bedarf reagiert wird.

Diese aktuellen Entwicklungen lassen uns optimistisch in die Zukunft schauen. Kleine Wohnformen stoßen auf immer breitere Akzeptanz und Interesse in der Bevölkerung. Darüber freuen wir uns sehr und hoffen, mit unserer Beratung und Aufklärungsarbeit bei Gemeinden, Grundstücksbesitzern und zukünftigen Tiny House Bewohnern noch jede Menge dazu beitragen zu können.

Bildquellen: Ecovillage Altmark (1,4), Emskirchen (2), Tiny House Village Mehlmeisel (3)