Ohne das passende Tiny House Grundstück macht sich zurecht kaum einer an die konkrete Planung seines Minihauses. Mit der Grundstückssuche entstehen auch Fragen bezüglich des Vertragsverhältnisses zwischen dem Tiny House Besitzers und dem Grundstück. Wir gehen im Folgenden der Frage nach:
Grundstück mieten, pachten, kaufen – worin liegt der Unterschied?
Im Falle eines Stand- oder Aufstellplatzes auf einem Camping-/Wochenendplatz wird dieser gemietet, auch wenn man umgangssprachlich oft von “Pacht” spricht. Da auf solch einem Platz lediglich der „Gebrauch der Sache“, also der Aufenthalt auf dem Grundstück, möglich ist handelt es sich rechtlich um einen Mietvertrag. Es werden darüber hinaus keine weiteren Rechte auf den Mieter übertragen (wie beispielsweise das Erwirtschaften von Erträgen mit der „Sache“ oder die Errichtung eines Bauwerks, usw.).
Soll das Tiny House auf einem privaten (Bau-) Grundstück errichtet werden, ist die Rechtslage eine Andere: Zunächst einmal ist es niemandem gestattet auf einem “fremden” Grundstück, ein Bauwerk zu errichten.
Hier kommt das Erbbaurecht ins Spiel. Dies ermöglicht über einen Erbbauvertrag (Pacht) die Übertragung des Rechts, auf einem (fremden) Grundstück ein Bauwerk zu errichten. Da hier neben dem Gebrauch der „Sache“ auch ein „Recht“ übertragen wird, handelt es sich um einen Pachtvertrag.
Ansonsten könnte man das Grundstück natürlich auch kaufen: Der Käufer wird dann Eigentümer des Grundstücks und erwirbt damit alle Rechte daran, wie beispielsweise die Errichtung einer baulichen Anlage.
Der Haken am Erbbaurecht …
Das Erbbaurecht ist zunächst einmal eine sehr gute Sache. Es beruht auf dem Prinzip: Eigener Hausbau auf einem langfristig gemieteten Grundstück.
Allerdings beruht es auch auf „alten“ Annahmen zum Hausbau, nach denen ein Gebäude fest mit dem Erdboden verbunden ist und nicht einfach wieder entfernt werden kann. So ist es für Tiny Houses, welche in den meisten Fälle in irgendeiner Form mobil sind und bleiben, mit Tücken verbunden.
Beim Erbbaurecht wird von der Annahme ausgegangen, dass der Pächter des Grundstücks das Gebäude darauf dauerhaft bewohnen möchte (bis zum Lebensende und danach die Erben). Entsprechend lang sind meistens die Laufzeiten des Vertrages. Zudem ist der Erbpachtvertrag nicht kündbar, lediglich der Heimfall ist im Gesetz vorgesehen (Eigenbedarfs des Verpächters). Zu guter Letzt geht das Haus nach Ablauf des Vertrages in das Eigentum des Verpächters über.
All diese Tücken des Erbbaurechts lassen sich zwar im Erbpachtvertrag entsprechend regeln (kürzere Vertragslaufzeit, Rückbau des Grundstücks nach Vertragsende, usw.), doch es gibt für transportable Tiny Houses auch noch eine andere Lösung!
Der Scheinbestandteil §95 BGB
Der Paragraph 95 aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, der ursprünglich für das Eigentums- und Steuerrecht gedacht war, passt auch hervorragend für „mobile“ Tiny Houses.
Er beschreibt “Scheinbestandteile”, die, obwohl mit einem Grundstück „verbunden“ oder darauf abgestellt, rechtlich selbständige bewegliche Sachen sind und im Eigentum des Mieters bleiben.
An mobile Wohnhäuser hat bei der Verabschiedung des Gesetzes noch niemand gedacht, doch es findet darauf genauso Anwendung.
Eine Verbindung von Sachen („entfernbares“ Tiny House auf das Grundstück stellen) zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgebend ist die innere Willensrichtung des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache (BGH, 23.9.2016 – V ZR 110/15, Tz. 15-16).
Ein Erbbau- (Pacht-) Vertrag mit Notar und Grundbucheintrag ist demnach nicht zwingend notwendig, um ein entfernbares Tiny House zum vorübergehenden Zweck, auf einem gemieteten Grundstück mit einer Baugenehmigung zu errichten. Es reicht ein einfacher Mietvertrag für das Grundstück mit dem Hinweis auf §95 BGB zum Aufstellen eines Tiny House.
Was bedeutet das für Tiny House Besitzer?
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ganz egal ob ein (Bau-) Grundstück gemietet, gepachtet oder gekauft wird – das Errichten (Aufstellen) eines Tiny Houses bedarf immer in irgendeiner Form einem behördlichen Verfahren. Das kann in Form eines Bauanzeige-, Kenntnisgabe- oder Mitteilungsverfahren sein. Auch eine Genehmigungsfreistellung oder ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren sind möglich. Selbst bei verfahrensfreien Bauvorhaben kann ein Kenntnisgabeverfahren von der Gemeinde gefordert werden.
Ob nun ein Grundstück gemietet oder gepachtet werden muss, hängt davon ab, ob das Aufstellen des Tiny House zum vorübergehenden Zweck erfolgt und die spätere Aufhebung des Vertrages von Anfang an beabsichtigt ist oder ob von Beginn an zu erkennen gegeben wird, das man dauerhaft (für immer) auf diesem Grundstück bleiben möchte.
Ist von vornherein klar, dass man in einigen Jahren mit seinem Haus weiter ziehen wird, so reicht ein ganz normaler Mietvertrag über das Grundstück. Die Baugenehmigung für das Tiny House wird dann in Bezug auf den Mietvertrag und das Tiny House als Scheinbestandteil nach §95 BGB beantragt.
Soll das Tiny House jedoch (am besten für immer) auf diesem Grundstück stehen, bzw. wird es fest mit dem Grundstück verbunden (z.B. durch ein Betonbodenplatte), dann lässt sich der vorübergehende Zweck des Gebäudes nicht mehr erkennen und somit wird in diesem Fall ein Erbbauvertrag benötigt.
Solltest du dir unsicher sein, ob dein Tiny House unter §95 BGB fällt, so lasse es auf jeden Fall vorab juristisch prüfen, ob das Errichten des Tiny House auf dem Grundstück tatsächlich als Scheinbestandteil betrachtet werden kann.