Spätestens seit Fridays for Future ist bei vielen die Erkenntnis angekommen, so wie bisher geht es nicht weiter! Doch wie lässt sich wirklich etwas verändern?
Immer wieder ist von Effizienz- oder Konsistenzstrategien die Rede, mit deren Hilfe eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden soll. Dahinter steht die Überlegung, dass durch technologische Erneuerungen der Verbrauch umweltschädlicher Ressourcen eingedämmt werden kann. Konsistenzstrategien zielen dabei auf die Qualität der zu verbrauchenden Energie- und Stoffströme ab.
Einsatz erneuerbarer Energien und effiziente Verwertung von Ressourcen
Durch Einsatz beispielweise erneuerbarer Energien, sollen Umweltschädigungen vermieden werden und die Stoffströme ökologisch sinnvoll genutzt werden. Effizienzstrategien hingegen setzen bei der Quantität der Ressourcen an. Durch technologische Veränderungen soll erreicht werden, dass beispielsweise weniger Ressourcen zur Herstellung von Gütern und Produkten benötigt werden, wodurch Ressourcen eingespart werden sollen.
Die Umstellung auf erneuerbare Energie oder die effiziente Verwertung von Ressourcen sind natürlich sehr erfreuliche Schritte in die richtige Richtung, aber für sich alleinstehend greifen sie zu kurz. Die globalen Energie- und Stoffströme sind nur schwer zu kontrollieren und zu lenken, dass hierbei tatsächlich gänzlich auf umweltschädigende Maßnahmen verzichtet werden kann, ist kaum zu gewährleisten.
Auch Effizienzstrategien haben ihre Tücken, hier kann es zu sogenannten Rebound-Effekten kommen. Wenn durch eine technologische Erneuerung mit weniger Ressourcen die gleiche Menge an Güter produziert werden kann, kann ebenso gut mit der gleichen Menge an Ressourcen mehr Güter produzieren werden.
Kapitalistischen Gesellschaften liegt eine gewisse Wachstums- und Steigerungslogik zugrunde, wegen der kaum ein Wirtschaftsunternehmen die Möglichkeit verstreichen lassen würde, bei gleichen Kosten mehr zu produzieren und damit den Gewinn zu steigern. Die Ressourceneinsparungen durch die Innovation wären damit jedoch hinfällig.
Umdenken hin zu bewusstem Konsum
Damit solche Maßnahmen wirklich greifen, ist ein grundsätzliches Umdenken nötig, eine Abkehr vom unbedingten Wachstumswillen. Bei diesem Umdenken setzt die Suffizienzstrategie an. Suffizienz geht hauptsächlich von der Einsicht aus, dass der gegenwärtige Lebensstil nicht den Maßstäben einer nachhaltigen Entwicklung gerecht werden kann. Es setzt bei dem Handeln jedes einzelnen an und zielt darauf ab „soziale Praktiken und Handlungsmuster, die als umwelt- und ressourcenintensiv einzustufen sind, einzuschränken, zu überdenken, zu verändern oder diese zu ersetzen“ (Speck 2016; 7).
Es geht nicht darum wegen finanzieller Engpässe auf bestimmte Produkte verzichten zu müssen, sondern um eine freiwillige Selbstbeschränkung zu Gunsten der Umwelt. Dahinter steht im Wesentlichen die Frage: was brauche ich wirklich? Suffizienz ist der Versuch die Logiken einer wachstumsorientierten Konsumgesellschaft zu hinterfragen und sich für einen bewussten Konsum zu entscheiden.
Ein suffizienter Lebensstil ruft zu einem bewussten, entschleunigten Leben auf, der sich dem Konsumwahn heutiger Gesellschaften entgegenzustellen versucht. Nur wenn man sich von der Vorstellung löst, dass immer alles besser, neuer, schneller sein muss, können Ressourceneinsparungen durch Effizienz und Konsistenz wirklich etwas bewirken, nur mit einem Umdenken der eigenen Konsummuster können diese Strategien wirklich greifen.
Besitz im Tiny House
In vielen Punkten entspricht das Leben im Tiny House dieser Suffizienzstrategie. Was brauche ich wirklich? Wie viel brauche ich davon? Was muss ich nicht unbedingt besitzen, sondern kann es mir leihen oder teilen? Diese und noch viele weitere Fragen stellen sich zwangsläufig wenn der Umzug in ein Tiny House bevorsteht.
Natürlich bedeutet ein Leben auf 15 statt auf 90 Quadratmetern, dass man auf einige Dinge verzichten muss, doch genau wie bei Suffizienz geht es nicht darum auf die Dinge verzichten zu müssen ohne die man sich ein Leben nicht vorstellen kann, sondern darum sich ehrlich die Frage zu stellen, was brauche ich um glücklich zu sein?
Die Antwort auf diese Frage wird so individuell und einzigartig ausfallen, wie die Tiny Houses selbst. Die Aufforderung der Suffizienz ist nicht gänzlich auf Konsum zu verzichten, entscheidend ist einfach sich darüber bewusst zu werden, was wir tagtäglich konsumieren und sich selbst ehrlich die Frage zu stellen was davon wirklich notwendig und unverzichtbar ist.
Am Ende kann es sogar ein sehr befreiendes Gefühl sein sich von Dingen zu trennen, die man schon seit Jahren mit sich herumschleppt ohne sie wirklich zu nutzen, genauso wie Dinge zu reparieren statt sie durch Neues zu ersetzen.
Eure Louisa
Gastautorin Louisa Elbracht ist Studentin der Humangeographie und schreibt zur Zeit ihre Masterarbeit zum Thema suffizienter Lebensstile als Teil nachhaltiger Entwicklung.
Quelle Zitat: Speck, Melanie (2016): Konsum und Suffizienz. Eine empirische Untersuchung privater Haushalte in Deutschland. Springer VS. Wiesbaden.
Quelle Fotos: Andrea Davis auf Unsplash